„Kämpfen, bis wir erhört werden!“
Ein lautstarker Zug mit gut 200 Teilnehmern hat am Samstagmorgen für den Erhalt der St.-Ursula-Schule demonstriert
VON PETER STOLLENWERK
MONSCHAU „Eins, zwei, drei, vier, unsere Schule, die bleibt hier!“ schallte es am Samstagmorgen auf dem Busparkplatz Burgau in Monschau. Was wie ein einfacher Abzählreim klingt, ist jedoch bitterer Ernst, denn Eltern und Schülerinnen sind in großer Sorge um das vom Schulträger angekündigte Ende der Monschauer Mädchenrealschule St. Ursula. Gut 200 Teilnehmer hatten sich an diesem frostkalten Vormittag zu einer Demonstration eingefunden, um lautstark auf der Straße für den Erhalt der Schule zu kämpfen. Trommelklänge und Trillerpfeifen schallten durch die Stadt, und auf zahlreichen Plakaten und Bannern wurde dieser Forderung Nachdruck verliehen.
Politisches Erdbeben
Ein emotionales und politisches Erdbeben mit weithin vernehmbarer Stärke in der Region hat die beabsichtigte Schließung der Schule in Monschau ausgelöst. Nachdem das Bistum Aachen als Schulträger Anfang November angekündigt hatte, die über 300 Jahre alte Lehreinrichtung zum Ende des Schuljahres 2026 zu schließen (diese Frist wurde zwischenzeitlich auf 2028 verlängert), sind Betroffene und Verantwortliche in Aufruhr. Nach reflexartigen Schuldzuweisungen und allerlei Ursachenforschungen ist inzwischen eine Phase der sachorientierten Auseinandersetzung eingetreten mit dem Ziel, nach Lösungen zu suchen, wie dieser massive Eingriff in die ohnehin in den zurückliegenden Jahren bereits demontierte Nordeifeler Schullandschaft aufgefangen werden kann.
Aufgeben ist derzeit keine Option. Das betont auch Pascale Sommer aus Kalterherberg, die Vorsitzende der Elternpflegschaft an St. Ursula und Mitorganisatorin des Demonstrationszuges. Auch die erneute klare Ansage des Bistums, dass die Schulschließung unabwendbar sei, weil einfach die Anmeldezahlen langfristig nicht ausreichten und eine Aufnahme von Jungen aus baulichen Gründen unrealistisch sei, „hält uns nicht ab, für den Erhalt der Schule zu kämpfen“, sagt die Elternvertreterin und ergänzt.: „Wir wollen mehr als nur ein Zeichen setzen, sondern nach Alternativen für den Erhalt des Schulstandortes suchen und es dem Bistum nicht so einfach machen.“
„Wir fordern vom
Bistum die Zusage, dass die Schule erhalten bleibt. Warum geht man nicht auf die vielen
Argumente ein, die
dafür sprechen?“
Matthias Kreidler,
Elternvertreter Realschule St. Ursula
„Schönste Zeit des Lebens“
Zunächst drehte der Demonstrationszug einige Runden auf dem Busparkplatz, ehe es dann den steilen Anstieg über das Kopfsteinpflaster hinauf zum Schulgebäude ging. Mittendrin befand sich auch Louise Eschmann. Die 22-Jährige aus Konzen war bis zu ihrem Abschluss sechs Jahre lang Schülerin an St. Ursula. „Ich möchte für die Schule kämpfen, wo ich die bisher schönste Zeit meines Lebens verbracht habe“, sagt sie.
Auf dem Außengelände der Schule schloss sich dann eine emotionale, kämpferische, aber auch von vielen Argumenten geprägte Kundgebung an. Schülersprecherin Michelle Schiller aus Schmidt forderte, „alle Möglichkeiten zu überdenken, um diese Schule zu erhalten.“ St. Ursula bedeute Eltern und Schülerinnen sehr viel, und die bisherigen Erfolge gäben Hoffnung für eine Fortsetzung des Schulbetriebs: „Wir wollen kämpfen, bis wir erhört werden“, sagte sie unter dem Beifall der Anwesenden.
Als Vertreter der Eltern ergriff Matthias Kreidler das Wort und sprach von „zerstörtem Vertrauen“ durch den Schulträger. Seine Botschaft war eindeutig: „Wir fordern vom Bistum die Zusage, dass die Schule erhalten bleibt.“ Mit allen Beteiligten hätte zunächst eine Abwägung und Lösungsfindung erfolgen sollen, „anstatt uns vor vollendete Tatsachen zu stellen“, übte er Kritik am Vorgehen des Schulträgers. Kreidler bezeichnete die angekündigte Schulschließung als „verantwortungslos“, und stellte die Frage: „Warum geht man nicht auf die vielen Argumente ein, die für den Erhalt der Schule sprechen?“ Dass von der Monschauer Bürgermeisterin Carmen Krämer ausgesprochene „Bedauern“ reiche nicht aus. Er forderte ein „klares Bekenntnis“ der Bürgermeisterin „und dass sie Prioritäten in Monschau setzt“.
Seine tiefe Betroffenheit brachte auch Franz-Peter Müsch zum Ausdruck. Bis zum Jahr 2015 war er 38 Jahre lang Leiter der Schule. Er sprach von einer Zeitenwende, „aber in Aachen ist man sich nicht aller Konsequenzen dieser Entscheidung bewusst“, kritisierte er. Müsch rückte die große Bedeutung und Notwendigkeit einer Realschule als unverzichtbares Bildungsangebot für die Region in den Blickpunkt, und sah auch in der ungenügenden Kommunikation einen Grund für die jetzige Situation.
„Wir schauen nach vorn“, versicherte Hilmar Weber, der Vorsitzende der Monschauer CDU-Fraktion. Man habe dem Bistum Lösungsansätze vorgelegt. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die anstehende Sitzung des Stadtrates am kommenden Dienstag, in der ein Beschluss für den Erhalt der Schule gefasst werden solle. In der Diskussion gelte es aber auch, sehr genau das Wechselverhalten der Schüler insgesamt zu betrachten. Damit spielte Weber auf die zunehmende Abwanderung zu Schulen im Stadtgebiet Schleiden an und betonte, dass die Zahl der Schüler in den Nordeifelkommunen sehr wohl „für eine Schule der Mitte“ vor Ort ausreichen würde.
Bürgermeisterin Carmen Krämer sah aufgrund der Haltung des Schulträgers zwar nur „wenig Hoffnung“, eine Schließung abzuwenden, versprach aber, sich für den Erhalt der Schule in weiteren Gesprächen mit dem Bistum einzusetzen.
Auch Werner Maaßen als Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Monschauer Unternehmen will für die Vielfalt der Schullandschaft kämpfen und glaubt, „dass die Messe noch nicht gelesen ist“.
Hoffen auf einen Weg
Volle Unterstützung sicherte auch Janine Köster für die Monschauer SPD zu, ehe sich die amtierende Schulleiterin Dorothee Spinrath zum Abschluss der Veranstaltung “überwältigt“ davon zeigte, „wie viele Menschen für unsere Schule kämpfen“. Sie hoffe, dass für St. Ursula noch ein Weg gefunden werde, „den wir gemeinsam erarbeiten sollten.“
HINTERGRUND
„Wir werden das Beste daraus machen“
Das angekündigte Auslaufen der Monschauer Mädchenrealschule ist aus Sicht des Schulträgers auch mit gut fünf Wochen Abstand zur Mitteilung am 2. November „alternativlos“. Dies bekräftigten Vertreter des Bistums Aachen in einem „Hintergrundgespäch“ am Freitagnachmittag im Besaprechungsraum der Schule.Man habe aber wahrgenommen, dass es der gesamten Schulgemeinschaft besonders wichtig gewesen sei, „dass alle Kinder, die sich für St. Ursula entschieden haben, auch hier noch ihren Abschluss machen können“, sagte Carsten Gier von der Abteilung Erziehung und Schule. Daher sei die Verlängerung bis Ende des Schuljahrs 27/28 letztlich „als Kompromiss und Schulterschluss mit den Eltern“ zu betrachten. Es komme nun auf die Solidarität in den Klassen 5 und 6 an, um die Mindestzahl von 27 Mädchen pro Jahrgang erfüllen zu können. „Und wir hoffen inständig, dass unser gutes Lehrerkollegium uns möglichst lange erhalten bleibt. Denn eine kleiner werdende Schülerzahl bietet auch eine echte Chance, jedes einzelne Kind noch stärker in den Blick zu nehmen“, sagte Schulleiterin Dorothee Spinrath und versprach: „Wir werden das Beste daraus machen!“
Kritik übten die Bistumsvertreter an den Vorwürfen seitens Politik und Öffentlichkeit, die Kirche stehle sich aus der Verantwortung. „Wir sollen die Realschule halten, aber die Politik hat selbst vor Jahren eine Realschule und zwei Hauptschule aus den gleichen Gründen, nämlich sinkende Schülerzahlen, geschlossen“, meinte Abteilungsleiter Thomas Ervens. Jedwede Zukunftslösung sei nun Aufgabe der Politik.